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Lebenseinstellung Achtsamkeit 

Interview mit Jan Lenarz

Seit 2015 bringen Jan Lenarz und seine Mitgründerin Milena Glimbovski den Achtsamkeitsplaner Ein guter Plan heraus, eine Mischung aus Tagebuch, Planer und Selbstreflexionswerkzeug.

Jan Lenarz erlitt selbst einen Burnout, er weiß, dass man sich besser früher als später um sich und die eigenen Bedürfnisse kümmert. Mit Ein guter Plan macht er das auch anderen möglich. Im Interview spreche ich mit Jan über sein Herzensprojekt, und warum wir die Grundbedingungen unserer Leistungsgesellschaft dringend ändern müssen.

Milena Glimbovski und Jan Lenarz von Ein guter Plan

Fragen an den Experten

Jan Lenarz im Interview

Jan Lenarz hat 2015 gemeinsam mit Milena Glimbovski (s.Bild) “Ein guter Plan” gegründet. Was aus persönlichem Antrieb und Leidensdruck entstand, hat eine riesige Begeisterungswelle ausgelöst und die Achtsamkeitsbewegung in Deutschland ins Laufen gebracht.

Im Interview spreche ich mit Jan darüber, warum für ihn Selbstreflexion der Schlüssel für ein achtsames Leben ist, und wie er selbst es als erfolgreicher Unternehmer schafft, achtsam mit sich umzugehen.

Jan, wann und wie war dein erster Berührungspunkt mit Achtsamkeit?

J.L.: Also mit dem Begriff kam ich erst in Berührung, nachdem ich Ein guter Plan entwickelt habe. Da meinten einige: „Hey, das ist ja ein Kalender für Achtsamkeit.“ Mit dem Konzept der Selbstreflexion und dem Fokus auf den Moment, statt Grübeleien nachzuhängen, kam ich in meiner Therapie nach meinem Burnout in Berührung.

powerful:me: Seit 2015 gibt es „Ein guter Plan“, wie ihr selbst sagt, „ein ganzheitlicher Terminkalender für mehr Achtsamkeit und Selbstliebe“.

Was glaubst du, warum ist vielen der achtsame und liebevolle Umgang mit sich selbst abhandengekommen?

J.L.: Abhanden gekommen weiß ich gar nicht. Ich glaube, wir haben nie gelernt, wirklich auf uns zu achten. In unserer Gesellschaft geht es entweder um Erfolg oder um eine getriebene Art der Selbstverwirklichung, die auf maximalen Hedonismus und maximale Freiheit aus ist. Wir lernen nicht, dass wir uns auch fokussiert und ehrlich mit unserem Innenleben beschäftigen sollten.

Ich musste überhaupt erst 35 werden, um den Begriff Selbstfürsorge einmal gehört zu haben.

Im Alltag gibt es oft nur Anspannung und dann Entspannung von der Anspannung. Aber das ist ja etwas ganz anderes, als sich wirklich bewusst Zeit für sich selbst zu nehmen und auf die eigenen Bedürfnisse zu achten.

Selbstfürsorge ist entscheidend

Merkt man dem neuen Planer an, dass er zur Pandemie entstanden ist, habt ihr bestimmte Übungen oder Fragestellungen integriert?

J.L.: Definitiv. Das Buch habe ich im März entwickelt, diese Wochen waren von großer Aufregung, Unsicherheit und Isolation geprägt. Viele Inhalte gehen auf das Thema Einsamkeit ein, das gab es in den bisherigen Auflagen kaum. Außerdem gibt es mehr Tipps für den Umgang mit belastenden Gedanken. Und die Dankbarkeit bzw. Wertschätzung haben nun einen größeren Platz.

In Zeiten, in denen wir wenig Kontrolle über die Situation haben, hilft es, sich mehr auf das zu besinnen, was wir kontrollieren können: unsere Gedanken und Gewohnheiten. (J.L.)

Ein guter Plan ist euer Herzensprojekt. Wie viel von euch und euren Erfahrungen steckt in diesem und den anderen Planern?

J.L.: In der ersten Auflage 100 %. In der nun 6. Auflage vielleicht noch 15 %. Zu Beginn kannte ich mich mit den Themen Burnout-Prävention, Selbstliebe und mentale Gesundheit im Allgemeinen nur wenig aus und habe aufgeschrieben, was ich in meiner Burnout-Phase gelernt hatte. Das war zum Teil nicht wirklich anwendbar für andere Menschen mit einer anderen Geschichte. Inzwischen wird das Buch mit Psychologen und Psychologinnen entwickelt und ich mache seit fünf Jahren kaum etwas anders, als Fachliteratur und Studien zu lesen. Das merkt man den Techniken und Tipps an.

Meine Hauptleistung ist es, diese doch recht wissenschaftlichen Inhalte trotzdem greifbar aufzuschreiben und konkrete Handlungstipps daraus abzuleiten.

Der wahre Mehrwert von Ein guter Plan ist nicht die Gestaltung oder das Grundkonzept, sondern dass wir es schaffen, sehr komplexe Thematiken anwendbar zu machen, ohne sie zu stark zu vereinfachen. Die Nutzer und Nutzerinnen beschäftigen sich so mit sehr anspruchsvollen Techniken aus diversen Therapieformen, ohne dass sie sich belehrt oder therapiert fühlen. Wir leiten sie sanft in eine Richtung, in der sie selbst ihre eigenen Erkenntnisse finden.

Anleitung zur Selbstreflexion

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Aber am wichtigsten ist es, die eigenen Bedürfnisse zu kennen und diese auch konstant abzufragen, die ändern sich durchaus mit den Jahren. (J.L.)

powerful:me: Du selbst hast einen Burnout hinter dir, jetzt bist du seit Jahren sehr erfolgreich als Verleger tätig.

Wie bewahrst du dich davor, nicht wieder in die Stress- und Burnoutfalle zu tappen?

J.L.: Stress habe ich nach wie vor, aber ich erkenne ihn besser bzw. merke sofort, wenn er ein Level erreicht, das mir schadet. Ich weiß heute genau, wann ich Eustress, also euphorischen, positiven Stress erlebe, oder Disstress.

Mein Arbeitsalltag ist so konzipiert, dass ich jederzeit, auch sehr spontan, sagen kann, dass ich jetzt eine Auszeit brauche oder eine Aufgabe abgeben möchte.

Alles, was ich tue, und das ist immer noch viel, passiert auf dieser Basis. Dadurch fühlt sich die Arbeit sehr erfüllend an.

Auszeiten regelmäßig einplanen

Was sind deine persönlichen Maßnahmen gegen Stress?

J.L.: Schwere Gewichte stemmen. Ich kann meditieren, autogenes Training machen, Yoga, all das. Aber meistens wähle ich das Gym.

Wie kann man sich deiner Meinung nach am besten gegen Stress und ein Leben im Hamsterrad schützen?

J.L.: Das ist extrem individuell. Viele Menschen brauchen die konstante Forderung im Job, lieben Multitasking, gehen voll in ihrer Arbeit auf, obwohl das alles Verhaltensweisen sind, zu denen ich nicht unbedingt raten würde. Aber gerade für kreative Menschen mit viel Leistungsbereitschaft ist diese Arbeitsweise die richtige, die will ich niemandem ausreden.

Wichtig ist da nur, dass man ab und zu reflektiert, ob das wirklich der richtige Weg ist, oder ob man nur so arbeitet, weil man sich getrieben fühlt.

Generell ist Selbstreflexion der Schlüssel. Das Hauptproblem ist nicht nur der Stress, sondern dass wir diesen nicht erkennen oder nicht ernst nehmen. Was man gegen den Stress macht, kommt dann erst an zweiter oder dritter Stelle und da gibt es unzählige Möglichkeiten.

Was scheinbar aber immer eine gute Idee ist, ist eine Aufgabe zu erfüllen, in der man einen Sinn sieht und das Gefühl hat, etwas zu bewirken. Im Idealfall in einer wertschätzenden Gruppe. Dann spielen die eigene Verantwortung und die reine Arbeitszeit eine kleinere Rolle.

Was scheinbar aber immer eine gute Idee ist, ist eine Aufgabe zu erfüllen, in der man einen Sinn sieht und das Gefühl hat, etwas zu bewirken. Im Idealfall in einer wertschätzenden Gruppe. Dann spielen die eigene Verantwortung und die reine Arbeitszeit eine kleinere Rolle. (J.L.)

Hast du den Eindruck, dass Achtsamkeit innerhalb der Gesellschaft mittlerweile einen höheren Stellenwert hat?

J.L.: Ich lebe da wohl in einer Bubble, ich kenne kaum Leute, die nicht zumindest ein paar Achtsamkeitstechniken anwenden. Der Begriff ist vielen durchaus geläufig. Aber, dass Achtsamkeit und Burnout-Prävention in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, bezweifle ich. Im Gegenteil, die Belastungen beruflich und privat steigen eher, die Gehälter passen sich nicht den steigenden Lebenshaltungskosten an.

Es war mal der Plan, dass ein einfacher Vollzeitjob eine komplette Familie versorgen kann, samt Haus und Rücklagenbildung.

Die Zeiten sind lange vorbei, obwohl die Wirtschaft wächst und wächst. Deswegen sehe ich es auch nicht als Aufgabe der Gesellschaft, Achtsamkeit und Entspannungstechniken gesamtgesellschaftlich zu integrieren, um mit der Not irgendwie klarzukommen, sondern die Grundbedingungen zu ändern, in denen wir leben, arbeiten und wirtschaften.

Wir stehen alle oft unter Druck

Was kann jeder Einzelne tun, um mit sich und anderen achtsamer umzugehen?

J.L.: Zuerst muss jede und jeder verstehen, dass es mit ein paar Entspannungsübungen nicht getan ist. Stress ist Leidensdruck und macht so richtig krank. Das Konzept der Work-Life-Balance ist viel zu verkürzt. Man kann sich nicht fünf Tage die Woche selbst ausbeuten und fremdausbeuten lassen und hoffen, dass ein bisschen Yoga am Abend reicht, um gesund zu bleiben. 

Das Ziel sollte es sein, ein Leben zu führen, von dem man nicht ständig Urlaub braucht, aber so ein Tipp ist zynisch. (J.L.)

J.L: Viele Menschen haben kaum die Möglichkeit sich in ihrer Arbeit komplett zu entfalten oder die Wertschätzung zu bekommen, die sie verdient haben. Trotzdem sollte man ehrlich mit sich sein und schauen, ob es wirklich unmöglich ist, das eigene Leben mal ordentlich durchzupusten. Viele Menschen scheuen Veränderung, weil ihnen immer eingebläut wird, dass das Risiko zu groß ist.

Ich kenne so viele ultraqualifizierte Menschen, die seit Jahren in den schlimmsten Jobs festhängen und das Mindset vertreten, dass sie ja froh sein müssen, einen Job zu haben.

Das ist irgendwie nachvollziehbar, aber ich kenne genau so viele Menschen, die nach rabiaten Veränderungen gestaunt haben, wie einfach und überfällig das eigentlich war. Aber ganz konkrete Empfehlungen vermeide ich inzwischen. Die Lebensrealitäten der Menschen sind zu unterschiedlich und ich bin als mehr oder weniger erfolgreicher Verleger mit großem Team aber ohne Familie maximal privilegiert, was bestimmte Ressourcen wie Zeit angeht. Jedenfalls empfehle ich keine speziellen Achtsamkeitstechniken als Allgemeinlösung mehr. Die Probleme, die echten Leidensdruck verursachen, müssen dementsprechend radikal angegangen werden. Wenn man sich dabei aber mit klassischer Achtsamkeit wie Mediation oder MBSR beschäftigt, ist das sicher nicht verkehrt.

Meditieren kann helfen bei Stress

Wie kritisch siehst du es, wenn Achtsamkeit in die Nähe von Persönlichkeitsoptimierung gerückt wird?

powerful:me: Zum Beispiel in Unternehmen, die Kurse für ihre Mitarbeiter anbieten. Da wird dann meditiert, damit alle weniger krank sind, überspitzt gesagt.

J.L.: Das ist schwierig. Ich habe generell eine Aversion gegen die sogenannte Manager Mindfulness, also Achtsamkeit nur zu etablieren, damit man mehr leisten kann. Andererseits hilft Meditation und Co. den meisten Menschen, ihr Stresslevel zu senken und das ist immer gut. Wenn Menschen das tun, um mehr zu schaffen oder Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen das anbieten, damit ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen seltener ausfallen, ist die Motivation dahinter vielleicht nicht einwandfrei, wirken tun die Techniken aber ja trotzdem.

Achtsamkeit zur Selbstoptimierung ist kritisch zu sehen

Was ist dein persönliches Verständnis von Achtsamkeit und wie setzt du sie in deinem Alltag um?

J.L.: Ich beschäftige mich jetzt schon so viele Jahre so intensiv mit dem Thema, dass ich gar nicht mehr weiß, was Achtsamkeit für mich bedeutet. Manchmal ist es ganz traditionell, dass ich im Alltag versuche, Dinge möglichst bewusst zu tun, sei es zuhören oder einfach nur atmen. Manchmal sind es für mich aber auch die langen Abende, an denen ich überlege, was ich brauche, welche Menschen in meinem Leben mir guttun, um die Monate danach mein Leben in diese Richtung zu verändern. Am wertvollste ist für mich aber sicher die konstante Übung in Selbstakzeptanz.

Meine innere Stimme ist oft kritisch und dummerweise ein leistungsorientierter Depp. Das wahrzunehmen und Milde mir selbst gegenüber zu üben, ist mein wertvollstes Achtsamkeits-Werkzeug.

powerful:me: Danke dir, Jan, für das Interview!

(Foto von Jan Lenarz und Milena Glimbovski © Birte Filmer)

Lisa von powerful:me

Lisa
ist viel draußen | sieht die Welt optimistisch | lernt gern Menschen kennen
Schreib mir: lisa@powerful-me.de

 

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